Oval von Descartes und seine Kreise

Dieses Arbeitsblatt ist Teil des Geogebrabooks Kegelschnitt-Werkzeuge (Febr 2019)

"noli turbare circulos meos"

("störe meine Kreise nicht") soll ARCHIMEDES der Legende nach gesagt haben. Auf seinem Grab habe er sich eine Darstellung von Kugel und Zylinder gewünscht (wikipedia). Mit dem nach ihm benannten Oval hat sich RENÉ DESCARTES im Zusammenhang mit Problemen der Optik beschäftigt. Kreise - nicht Geraden - dienten ihm als berührende Elemente bei der Untersuchung von Kurven. In der Differentialrechnung haben sich jedoch die Tangenten als Berührelemente durchgesetzt (wikipedia). Was hat dies mit der angezeigten Kurve zu tun? Das Cartesische Oval ist eine bizirkulare Quartik, welche als Schnitt der Kugel beispielsweise mit einem elliptischen Zylinder entsteht - in die Ebene projiziert durch stereographische Projektion. Die Tangentialebenen des Zylinders schneiden die Kugel in Kreisen, welche die Schnittkurve doppelt berühren. Die Ovale können auf verschiedene Arten als Schnittkurve der Kreise zweier Kreisbüschel konstruiert werden. Die Schnittkurve ist dabei Winkelhalbierende der sich schneidenden Kreise. Man kann sie auch über die Reflexion von Kreiswellen beschreiben: die Kreise des einen Kreisbüschels werden an der Kurve reflektiert in die Kreise des anderen Kreisbüschels. Dies soll obiges Applet veranschaulichen. Man vergleiche auch: die Seite zuvor (Konfokale Cartesische Ovale), ferner: Cartesisches Oval mit 6-Eck, und das book Kugel-Kegel-Schnitte. Zur Erklärung: Das Oval besitzt 4 verschiedene konzyklische Brennpunkte, hier liegt einer in und zusammen mit den 3 anderen auf der -Achse. Neben der -Achse gibt es 3 weitere Symmetrie-Kreise, einer ist imaginär. Zu jeder Symmetrie treten die Brennpunkte paarweise auf und erzeugen 2 hyperbolische Kreisbüschel (das sind die Kreise durch die beiden Brennpunkte). Wir nennen diese Kreise Brennkreise. Orthogonal dazu sind die elliptischen Kreisbüschel. Wir betrachten sie als Kreiswellen. Die Kreisbüschel, welche den Brennpunkt enthalten, bestehen aus den Geraden durch den anderen Brennpunkt und die dazu konzentrischen Kreise. Auf der Quartik schneiden sich je ein Kreis aus den beiden Kreisbüschel-Paaren. Die Quartik ist Winkelhalbierende dieser sich schneidenden Kreise. Die beim Applet-Start angezeigten Wellen bestehen aus den konzentrischen Kreisen um F0 einerseits und den elliptischen Kreisen um F1 und F2. Der zugehörige Symmetriekreis ist imaginär, die zugehörige Spiegelung ist das Produkt der 3 Spiegelungen an den 3 reellen Symmetriekreisen. Die beiden in der Alternative 3 angezeigten Scheitelkreise sind invariant unter dieser Spiegelung. Mit Hilfe dieser Scheitelkreisen kann man das Oval "konstruieren" - exemplarisch für die angezeigten Büschelkreise:
  • Spiegelt man einen der Schnittpunkte der konzentrischen Kreise um F0 mit der -Achse an einem der Scheitelkreise, so erhält man einen Punkt eines Kreises des anderen Büschels. Schneiden die beiden Kreise sich reell, so schneiden sie sich auf dem Oval!
Dieses Konstruktionsprinzip beruht auf einer projektiven Beziehung zwischen den Kreisen der beiden Kreisbüschel. Bemerkenswert ist vor allem, dass den Brennpunkten, als Punktkreise betrachtet, ihre Leitkreise zugeordmet sind! Von der Spiegelung an der -Achse abgesehen gilt dieser Zusammenhang auch für die anderen Symmetrien. Die Leitkreise erlauben auch eine andere "Konstruktion" des Ovals: Zu jeder Symmetrie gehört eine Schar von Kreisen, die das Oval doppelt-berühren. Spiegelt man einen der Brennpunkte an diesen doppelt-berührenden Kreisen, so liegen die Spiegelpunkte auf dem zugehörigen Leitkreis. Aus den Scheitelkreisen kann man die Leitkreise konstruieren. Aus diesen wiederum erhält man als Ortskurve das Oval. Es zeigt sich auch, dass die einzelnen bizirkularen Quartiken durch ihre Brennpunkte und die Scheitel auf der Symmetrieachse bestimmt sind! (Siehe die Aktivität Konfokale bizirkulare Quartiken) Erwähnt werden sollte, dass diese Kurven häufig im Zusammenhang mit optischen Linsen erwähnt werden. googelt man "bizirkulare Quartiken", so werden eher Artikel über besondere Kurven bei Elektromotoren angezeigt als Artikel mit geometrischem Hintergrund. Stichwort: elektromagnetische Wellen, orthogonale Kurvennetze, konfokale Kurvennetze - und schon landet man bei der komplexen Funktionentheorie!