Leben

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Wegen des Mangels an verlässlichen Quellen, der schon früh wuchernden Legendenbildung und Widersprüchen zwischen den überlieferten Berichten sind viele Angaben über das Leben des Pythagoras in der wissenschaftlichen Literatur umstritten. Der aktuelle Forschungsstand ergibt folgendes Bild: Pythagoras wurde wohl um 570 v. Chr. als Sohn des Mnesarchos geboren, der auf der Insel Samos lebte. Mnesarchos stammte wahrscheinlich nicht (wie behauptet wurde) aus einer vornehmen samischen Familie, sondern war ein eingewanderter erfolgreicher Kaufmann (nach anderer Überlieferung Steinschneider). Als Lehrer des Pythagoras wird am häufigsten der Philosoph Pherekydes von Syros genannt. In seiner Jugend soll sich Pythagoras zu Studienzwecken in Ägypten und Babylonien aufgehalten haben; nach verschiedenen Berichten machte er sich mit dortigen religiösen Anschauungen und naturwissenschaftlichen Kenntnissen vertraut und kehrte dann nach Samos zurück. Dort hatte um 538 v. Chr. Polykrates zusammen mit seinen Brüdern die Macht an sich gerissen und später seine Alleinherrschaft etabliert. Pythagoras stand in Opposition zu diesem Tyrannen und verließ die Insel. Nach der Datierung des Chronisten Apollodor reiste er 532/531 v. Chr. ab. Frühestens 532 v. Chr., spätestens 529 v. Chr. tauchte Pythagoras im griechisch besiedelten Unteritalien auf und gründete eine Schule in Kroton (heute Crotone in Kalabrien). Deren Mitglieder (d. h. der innere Kreis) bildeten eine enge Gemeinschaft, legten sich auf eine disziplinierte, bescheidene Lebensweise fest („pythagoreische Art des Lebens“) und verpflichteten sich zur Treue gegeneinander. Pythagoras, der ein vorzüglicher Redner war, erlangte großen Einfluss auf die Bürgerschaft, den er auch politisch geltend machte. Er gewann auch in anderen Gegenden der Region Anhänger, sogar unter der nichtgriechischen Bevölkerung. Im Konflikt Krotons mit der Stadt Sybaris, der anscheinend von den Sybariten provoziert wurde, trat er für eine feste Haltung ein. Weil Kroton sich auf Veranlassung des Pythagoras weigerte, geflüchtete sybaritische Oppositionelle auszuliefern, brach 510 v. Chr. der Krieg aus, der mit der Zerstörung von Sybaris endete. Nach dem Sieg kam es in Kroton zu inneren Spannungen, unter anderem wegen der Verteilung des eroberten Landes; der Unmut der Bürger richtete sich gegen die Pythagoreer. Daraufhin übersiedelte Pythagoras nach Metapontion (heute Metaponto in der Basilikata), wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Erst nach seiner Abreise aus Kroton brach dort der Konflikt offen aus, und die Pythagoreer unterlagen. Angaben, wonach damals viele von ihnen getötet wurden, beruhen möglicherweise auf Verwechslung mit späteren Unruhen. Eine abweichende Überlieferung, der zufolge Pythagoras in Kroton blieb und den dortigen Unruhen zum Opfer fiel, ist nicht glaubwürdig. Für eine Datierung seines Todes liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Metapontier, bei denen Pythagoras in hohem Ansehen stand, wandelten nach seinem Tod sein Haus in ein Demeterheiligtum um. Pythagoras war verheiratet. Nach einigen Quellen hieß seine Frau (nach anderer Überlieferung eine Tochter des Philosophen) Theano. Er hatte Kinder, darunter – falls man der Überlieferung trauen kann – eine Tochter namens Myia. Manche Quellen nennen angebliche Namen weiterer Kinder des Pythagoras, doch wird die Glaubwürdigkeit dieser Angaben in der Forschung sehr skeptisch beurteilt.