Unterrichtsplanung - Simulation und Modellbildung. Eine Epidemie im Klassenzimmer.

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Kurzinformation

  • Thema: Modellbildung, rekursive Darstellung von Folgen
  • ab 10. Schulstufe, Mathematik (auch als Projekt in Kombination mit Biologie zum Thema Ausbreitung von Viren/Krankheiten möglich)
  • Dauer: 3 Unterrichtseinheiten
  • Material: - SchülerInnenmaterial - LehrerInnenmaterial
  • Spezielles: - Würfel - Spielkärtchen laut Vorlage in ausreichender Anzahl (Kopiervorlage reicht für 10 Personen) - Laptops mit Tabellenkalkulation
Durch diese Unterrichtssequenz sollen die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen zu bereits bekannten Arten von Funktionen und der rekursiven Darstellung von Folgen an in einem Spiel generierten Daten erweitern und vertiefen. Außerdem sollen sie Einblicke in die Notwendigkeit der Mathematik vor allem bei der Beschreibung und Auswertung bzw. Verarbeitung realer Daten anhand von Simulationen und Modellen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen bekommen. Auch die Anwendung von Tabellenkalkulationssoftware wird geübt.

Vorwissen und Voraussetzungen

Die Schülerinnen und Schüler ...
  • ... kennen die verschiedenen Funktionstypen und wissen über deren Eigenschaften Bescheid. - Lineare Funktionen - Potenzfunktionen - gebrochen rationale Funktionen - Polynomfunktionen - Exponentialfunktionen - Logarithmusfunktionen - Winkelfunktionen
  • ... wissen, über Folgen Bescheid und können mit deren rekursiver Darstellung arbeiten.
  • ... kennen den Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses und der relativen Häufigkeit ihres Auftretens in einer genügend großen Stichprobe.
Vorbereitungen: Um den Schülerinnen und Schülern klar zu machen, was eine Simulation überhaupt ist, kann man als Lehrkraft im Vorfeld an die Unterrichtseinheit einen Input zum Thema "Simulation und Modellbildung" geben. Einen Vorschlag zu dessen Gestaltung finden Sie bei den zusätzlichen Materialien. Außerdem sollte in die Schülerinnen und Schüler im Vorfeld schon einige Grundkenntnisse zur Ausbreitung von Epidemien haben. Je nach dem, in welchem Kontext die Unterrichtseinheiten stattfinden (z.B. im Rahmen eines Projekts mit dem Fach Biologie zum Thema "Krankheiten" oder rein im Fach Mathematik zum Thema "Modellbildung") sollte der fachliche Input zur Ausbreitung von Krankheiten mehr oder weniger Platz bekommen. Alternativ können die Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Hausaufgabe eine Recherche zum Thema "Ausbreitung von Epidemien" als Vorbereitung auf folgenden Unterrichtseinheiten durchführen. Dazu müssten von der Lehrkraft vielleicht noch geeignete Leitfragen gestellt werden, damit die Schülerinnen und Schüler Anhaltspunkte für ihre Recherche haben. Ein grundlegendes Verständnis davon, wie sich Erkrankungen ausbreiten, wird auch im Spiel in der folgenden Aktivität entwickelt. Ein Aufhänger für dieses Thema könnte zum Beispiel die Grippezeit oder - so wie zum Zeitpunkt des Entstehens dieser Unterrichtssequenz sehr aktuell - die SARS CoV-2 Pandemie sein. Zusätzlicher Hinweis: In der HTL findet man in der 12. Schulstufe ein Kapitel zur Modellbildung. Dort könnte man die Unterrichtseinheiten (gegebenfalls mit technischeren Beispielen) gut platzieren. Die Lehrperson sollte grundlegende Kenntnisse in der Verwendung einer gängigen Tabellenkalkulationssoftware (z.B. Microsoft Excel) mitbringen, um die Schüler bei deren Anwendung unterstützen zu können.

Lernergebnisse und Kompetenzen

Die SchülerInnen ...
  • ... können aus gegebenen Daten ein mathematisches Modell erstellen.
  • ... wissen, dass Modelle immer eine Näherung der Realität darstellen.
  • ... wissen, wozu man Simulationen einsetzt und dass dafür ein mathematisches Modell nötig ist.
  • ... können rekursive Folgen für große Zahlen mit einer Tabellenkalkulationssoftware berechnen.

Unterrichtsablauf

In den folgenden Unterrichtseinheiten, die jeweils in einzelne Aktivitäten gegliedert sind, sollen die Schülerinnen und Schüler den Verlauf einer Epidemie anhand eines Spiels in Gruppen zu jeweils ca. 10 Schülerinnen und Schülern simulieren. Anschließend sollen die gewonnenen Daten in Partnerarbeit durch ein mathematisches Modell beschrieben werden. Falls es Gruppen gibt, die mit dem Entwickeln des Modells zu den Daten aus ihrem Spiel früher fertig sind, gibt es natürlich eine Zusatzaufgabe: Die Schülerinnen und Schüler bekommen Daten zur zeitlichen Entwicklung des aktuellen SARS-CoV 2 in Österreich. Sie sollen dann die Parameter gegebener Modelle an die Daten anpassen und so eine Prognose für den Verlauf der Pandemie in einem gegebenen Zeitraum erstellen. Ihre Prognose sollen sie dann mit den tatsächlichen Infektionszahlen in dieser Zeit vergleichen. In der an die Präsentation der Ergebnisse anschließende Diskussion sollen die unterschiedlichen Modelle aus der Partnerarbeit verglichen werden. Falls es Gruppen gibt, die die Zusatzaufgabe bearbeitet haben, sollen die Vorhersagen der Infektionsfälle besprochen und mit den tatsächlichen Zahlen für den vorhergesagten Zeitraum verglichen werden. Wichtig ist, in der Diskussion hervorzuheben, dass für die Bildung von mathematischen Modellen und die Durchführung von Simulationen immer Annahmen zu treffen sind und die Realität vereinfacht abgebildet wird. Deshalb stellen sie immer nur eine Näherung der Realität dar.
Unterrichtseinheit 1

Aktivität 1 - Spiel "Simulation einer Epidemie im Klassenzimmer" (30 min)

Die Schülerinnen und Schüler sollen in Gruppen zu ca. 10 Personen ein Spiel durchführen, um ein Gefühl zu bekommen, wie sich Epidemien ausbreiten und Daten zu generieren, aus denen in der folgenden Aktivität ein mathematisches Modell erstellt wird. Material für die Aktivität:
  • 1 Würfel für jede Schülergruppe
  • 1 Ausdruck des PDFs mit der Spielanleitung, den Spielkärtchen und dem Aufzeichnungsblatt pro Schülergruppe
Zur Sicherung der Ergebnisse aus dem Spiel sollen die Schülerinnen und Schüler entweder während des Spiels oder im Anschluss daran Diagramme mit möglichen Übergängen zwischen den gesunden, kranken und toten Personen anfertigen, die für diesen Zweck geeignet sind (Flow-Charts, Concept-Maps, oder ähnliches). Diese Diagramme werden für den Arbeitsauftrag in der nächsten Aktivität benötigt.

Spielanleitung, Spielkärtchen und Aufzeichnungsblatt

Aktivität 2 - Arbeitsauftrag zum Spiel "Simulation einer Epidemie im Klassenzimmer" (20 min)

Die Daten, die im Spiel in der vorherigen Einheit gewonnen wurden, sollen nun mithilfe der Ergebnisse aus der Hausübung zu einem mathematischen Modell weiterverarbeitet werden. Dazu werden die Schülerinnen und Schüler in Zweiergruppen eingeteilt. Am besten kombiniert man dabei die Schüler nach ihrer Leistung. So können die Gruppen, in denen sich zwei in Mathematik begabtere Schülerinnen oder Schüler befinden, weitestgehend alleine an den doch eher offenen Aufgabenstellungen arbeiten, während man als Lehrkraft die Gruppen, in denen sich jene befinden, die sich in Mathematik schwerer tun, gezielt unterstützen kann. Wenn man sieht, dass es Probleme beim Ermitteln der Übergangsraten zwischen den einzelnen Gruppen gibt, dann kann man den Schülerinnen und Schülern als Hilfestellung folgende Raten bekanntgeben: Übergangsrate von Gesund zu Krank: Übergangsrate von Krank zu Gesund: Übergangsrate von Krank zu Tot: Material:
  • Arbeitsauftrag
  • Lösungsvorschlag

Hausübung

Als Hausübung sollen die Schülerinnen und Schüler die aus dem Spiel gewonnenen Daten grafisch aufbereiten, sodass die Daten aus dem Spiel in die am Ende stattfindende Präsentation eingebaut werden können. Im folgenden PDF finden Sie einen Lösungsvorschlag für Aktivität 1 und die anschließende Hausübung.

Arbeitsaufträge zum Spiel "Simulation einer Epidemie im Klassenzimmer"

Lösungsvorschlag zu Aktivität 1 und zur Hausübung

Unterrichtseinheit 2

Aktivität 3 Fortsetzung - Arbeitsauftrag zum Spiel "Simulation einer Epidemie im Klassenzimmer" (50 min)

Die Schülerinnen und Schüler sollen den Arbeitsauftrag aus der vorangegangenen Unterrichtseinheit fertig machen und sich auf die anschließenden Präsentationen vorbereiten. Falls es Gruppen gibt, die früher fertig sind, so können diese sich mit der Zusatzaufgabe auseinandersetzen. Darin sollen sie verschiedene Modelle über eine gegebene Datenmenge (Zeitliche Entwicklung der an SARS-CoV 2 infizierten Personen in Österreich) gelegt werden und mit einem der Modelle soll eine Prognose für die zukünftige Entwicklung der Infektionszahlen gemacht und mit den tatsächlichen Zahlen im gegebenen Zeitraum verglichen werden. Material:
  • ev. Zusatzaufgabe (s.u.)
  • Lösungsvorschlag zu den Arbeitsaufträgen zum Spiel

Lösungsvorschlag zu den Arbeitsaufträgen zum Spiel

Unterrichtseinheit 3

optionale Aktivität - Arbeitsauftrag zum Spiel "Simulation einer Epidemie im Klassenzimmer" (20 min)

Falls die Schülerinnen und Schüler noch Zeit brauchen, um den Arbeitsauftrag zum Spiel "Simulation einer Epidemie im Klassenzimmer" fertigzustellen und sich auf die Präsentation vorzubereiten, kann man den Schülern noch 20 min Zeit dafür geben.

Aktivität 4 - Präsentation der Ergebnisse (30 min bis 50 min)

Wie schon im Arbeitsauftrag zu Aktivität 4 angekündigt, sollen die Schülerinnen und Schüler ihre Modelle der Klasse präsentieren. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler erklären, was sie in ihrem Modell berücksichtigen und was sie im Rahmen der Näherung weggelassen haben. Außerdem sollen in einer anschließenden Plenumsdiskussion die Unterschiede in den einzelnen Lösungen besprochen und ihre Vor- und Nachteile erörtert werden. Mögliche Leitfragen für die Diskussion sind zum Beispiel:
  • Was habt ihr bei der Beschreibung des Ansteckungsprozesses (Übergang gesund zu krank) berücksichtigt?
  • Wie seid ihr auf den Prozentsatz derjenigen gesunden Personen gekommen, die sich nach einem Zusammentreffen mit einer erkrankten Person tasächlich anstecken?
  • Glaubt ihr, dass euer Modell die Realität gut/genau/exakt abbildet? Begründet eure Entscheidung.

Sicherung

Die Ergebnisse der Diskussion können an der Tafel gesammelt und von den Schülern anschließend ins Heft übertragen werden. Eine andere Möglichkeit wäre, das Tafelbild am Ende der Diskussion zu fotografieren und den Schülerinnen und Schülern dann über eine Lernplattform (z.B. Moodle) zur Verfügung zu stellen.

Zusätzliche Materialien:

Aktivität - Lehrerinput zum Thema Modellbildung und Simulationen in der Mathematik (10 min) Die Lehrperson erarbeitet gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern - am besten an einem Beispiel aus der Realität - was Simulationen sind, welche Rolle die Modellbildung dabei spielt und warum man Simulationen überhaupt braucht. Wichtige Leitfragen, die dabei beantwortet werden sollen, sind:
  • Was sind Simulationen?
  • Wozu dienen Simulationen?
  • Was kann man simulieren?
  • Wo ist die Mathematik in Simulationen versteckt?
Wichtige Informationen für diesen Lehrervortrag finden Sie im LehrerInnen-Infoblatt.

LehrerInnen-Infoblatt

Links zu Materialien und Quellen

Quellen: Titelgrafik: Weiterführende Literatur:
  • Corona: Modelle und Simulation im Mathematikunterricht
  • Weitere Beispiele für die Verwendung von Simulationen im Mathematikunterricht: Maaß, J. & Siller, H.-S. (Hg.). (2014). ISTRON-Schriftenreihe. Neue Materialien für einen realitätsbezogenen Mathematikunterricht. Springer Spektrum.